Finanztransaktionssteuer ist unsinnig undwiderspricht dem Geist der Verträge und unserer Verfassung
Die geplante europäische Finanztransaktionssteuer hat den Charakter eines politischen Hütchenspiels: Eins-zwei-drei-wo bleibt das Geld?

Auf Betreiben der deutschen Regierung hat sich der ECOFIN-Rat auf seiner Sitzung am 14. Juni 2019 erneut mit der Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer beschäftigt. Im Rahmen einer exklusiven Veranstaltung am 19. Juni 2019 mit einem hohen Beamten des Bundesfinanzministeriums hatte die diz AG die Möglichkeit zur Diskussion darüber. Dies gibt Anlass zu ernsthaften kritischen Anmerkungen zur Finanztransaktionssteuer aus Sicht der Alterssicherung, der Finanzmarktstabilität sowie der Vertrags – und Verfassungstreue der deutschen Regierungspolitik.

ECOFIN ist die Abkürzung für ein wichtiges EU-Gremium, den Rat für Wirtschaft und Finanzen, umgangssprachlich als EU-Finanzministerrat bezeichnet; tatsächlich ist es eine Formation des Rats der Europäischen Union in der Zusammensetzung der Wirtschafts- bzw. Finanzminister der EU-Mitgliedstaaten. Der ECOFIN-Rat tagt einmal im Monat. Aktuell ist dieser Rat besonders mit der Planung des nächsten auf sieben Jahre angelegten EU-Finanzrahmens beschäftigt. Der absehbare Brexit hat eine erhebliche Finanzlücke in diesen Plan gerissen, der von den verbleibenden Mitgliedstaaten höhere Zuwendungen zum EU-Haushalt erfordert, -sofern man nicht entsprechende Sparmaßnahmen ergreift. Das EU-Vertragswerk gestattet es der europäischen Ebene nicht, eigene Steuern zur Finanzierung der Ausgaben der EU zu erheben. In Deutschland hat das Bundesverfassungsgericht die Haushalts- und Steuerkompetenz als unverzichtbares souveränes Recht des Nationalstaats festgeschrieben, das allenfalls auf einen demokratischen europäischen Bundesstaat übergehen könnte.

Vorsicht Trickbetrüger!

Vor diesem Hintergrund planen die Minister jetzt eine Steuer auf jeden Aktienkauf, der an den Börsen eines EU-Mitgliedslands stattfindet. Die Steuer soll – so die Vorlage – „mindestens 0,2% des Transaktionsvolumens“ betragen. Die Einnahmen sollen sodann nach einem noch zu definierenden Schlüssel an die Mitgliedsländer verteilt werden. Und von dort sollen sie wieder in Form höherer Beiträge zum EU-Haushalt „freiwillig“ an die europäische Ebene zurückfließen! Rein formalrechtlich ist dagegen nichts einzuwenden. Tatsächlich aber handelt es sich um eine durchsichtige Umgehung von Vertrag und Verfassung. Es ist ein politischer Taschenspielertrick, den die Bürger ihren Regierungen nicht durchgehen lassen sollten!

Der Sachverhalt wird dadurch umso schlimmer, weil die Finanztransaktionssteuer in der geplanten Form unsinnig ist und ihre Wirkung anderen erklärten politischen Zielen widerspricht, d.h. gegenteilig wirkt.

Finanzspekulation wird angeheizt

Die ursprüngliche Begründung für eine Steuer auf Börsenumsätze bestand in dem Ziel, spekulative und riskante Kapitalmarktgeschäfte zu dämpfen, um eine weitere Finanzkrise zu verhindern. Dafür müsste man eine solche Steuer kurzfristig gezielt und nur dann einsetzen, wenn der Börsenhandel erkennbar „heiß“ läuft. Die Steuer müsste auf alle Arten von börsengehandelten Wertpapieren erhoben werden. In der geplanten Form verteuert sie lediglich den Aktienhandel. In der Folge müssen Kapitalanleger entsprechend höher verzinsliche, also riskantere Finanzanlagen tätigen, um ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Die „Spekulation“ wird damit nicht etwa gedämpft, sondern vielmehr in breiter Front auf eine höhere Stufe gehoben.

Alterssparen wird bestraft

Vermehrte Aktienkäufe gelten in der aktuellen Niedrigzinsphase als das nahezu einzig sinnvolle Mittel, um für die private Altersvorsorge und die betriebliche Altersversorgung noch ausreichende Renditen zu erwirtschaften. Gerade der Aktienerwerb aber soll durch die neue Steuer künftig verteuert werden! Das ist vollkommen widersinnig, wenn man gleichzeitig – wie vielfach von den Politikern betont – die „Aktienkultur“ fördern will. Stattdessen mindern die Regierungen damit die Nachteile ihrer maroden Staatsanleihen, die außer der EZB eigentlich kaum noch jemand kaufen möchte.

Der Gipfel der Widersprüchlich ist schließlich, dass die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer nach dem Willen der SPD in Deutschland auch zur Finanzierung der bedingungslosen Grundrente herangezogen werden sollen. Man ruiniert also die Voraussetzungen für das private Alterssparen, um eine fragwürdige Wohltat im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermöglichen.
Dass mit der Finanztransaktionssteuer gleich zwei große Töpfe gefüllt werden sollen – Rentensubventionen und die EU-Zuweisungen – gibt einen Hinweis auf das in Aussicht genommene hohe Steueraufkommen: Schließlich soll der Steuersatz nach dem deutschen Plan „mindestens 0,2 %“ betragen. Da kann leicht noch eine Schippe draufgelegt werden….