Meinungsunterschiede auch bei den Wirtschaftsverbänden

Das Bundesgesundheitsministerium hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, mit dem die sogenannte „Doppelverbeitragung“ für die gesetzlich krankenversicherten Bezieher von Betriebsrenten bzw.
Direktversicherungen beendet werden soll. Trotz der zwischenzeitlichen Ablehnung durch die Bundeskanzlerin dauert die politische Diskussion an. Die diz AG Deutsches Institut für Zeitwertkonten und
Pensionslösungen AG hat dazu die Meinung führender Wirtschaftsverbände erfragt und dabei
– wie bei den Regierungsparteien – erhebliche Meinungsunterschiede festgestellt. Thorsten Kircheis,
Vorstand der diz  AG, weist allerdings darauf hin, dass ein Teil der Mehrfachbelastung auch heute schon ganz einfach legal vermieden werden kann – über die diz-Konzeption „Betriebliche Altersversorgung für Mitarbeiter“

„Kein Unternehmen muss auf die Politiker warten, um seine Beschäftigten wenigstens in der Ansparphase von doppelten Beiträgen zu entlasten“, rät entsprechend diz-Fachberater Thorsten Jandausch: „Im Rahmen einer Unterstützungskasse fallen für Zuschüsse des Arbeitgebers überhaupt keine Sozialversicherungsbeiträge an. Dies muss mit einer unternehmensindividuellen Versorgungsordnung angemessen zum Gesamtgehalt geregelt werden. Die Attraktivität der betrieblichen Altersversorgung liegt damit  in der richtigen Gestaltung während der Anwartschaftsphase.  Mit dem Beratungsansatz von diz AG kann für jeden Arbeitnehmer eine optimierte Berechnung vorgenommen werden.

Auslöser für die neue Gesetzesinitiative war der 31. Bundesparteitag der CDU am 7./8. Dezember 2018. Dort hatten sich die Delegierten für ein Ende der doppelten Beitragspflicht ausgesprochen. Diese Problematik stellt sich immer dann, wenn sowohl während der Anspar- bzw. Anwartschaftsphase als auch während des späteren Leistungsbezugs Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und
Pflegeversicherung erhoben werden. Die Rede ist von rund 6 Millionen betroffenen Betriebsrentnern. Dazu zählen insbesondere  jene Arbeitnehmer, die etwas mehr als aktuell 268 € pro Monat zur Entgeltumwandlung bringen. Auf Entgeltumwandlungen, die über dieser Höchstbeitragsgrenze in der bAV liegen, werden auch in der Ansparphase Sozialversicherungsbeiträge erhoben –  davon  kann man jedoch durch das diz-Konzept über einen anderen Durchführungsweg befreit werden.  Hinzu kommt, dass die Betriebsrenten in der Auszahlungsphase – anders als die gesetzliche Rente – mit dem vollen Beitragssatz belastet werden, d.h. auch mit der gemeinhin als „Arbeitgeberanteil“ bezeichneten Hälfte. “Der Begriff Doppelverbeitragung bezieht sich damit auf unterschiedliche Sachverhalte“, bemerkt Thorsten Kircheis: „das erschwert die Diskussion“.  Viele Arbeitnehmer empfinden die gegenwärtige Rechtslage jedenfalls als ungerecht und benennen sie als Ablehnungsgrund für den Abschluss einer betrieblichen Altersversorgung. Gleichwohl hatte das Bundesverfassungsgericht die Regelung für immerhin „zulässig“ erklärt.

Die Abschaffung der Mehrbelastung würde – je nach Ausgestaltung einer Neuregelung – den gesetzlichen Gesundheitskassen künftig einen Einnahmeausfall von bis zu 3 Milliarden € bescheren. Nun will der Gesundheitsminister zwar die Doppelverbeitragung abschaffen,  aber auf Einnahmen trotzdem nicht verzichten, „Bliebe die Kompensation dieser Ausfälle alleinige Aufgabe der gesetzlich Versicherten, entspräche das einem Beitragssatzanstieg um mindestens 0,2 Beitragspunkte“, erläuterte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf Anfrage der diz AG. Um nicht allein die Versicherten zu belasten fordere Minister Spahn einen Steuerzuschuss oder eine Kompensation aus dem Gesundheitsfonds. Dort sind aktuell hohe Überschüsse aufgelaufen – laut Handelsblatt das Vierfache der vorgeschriebenen Mindestreserve. Lothar Binding, der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sieht stattdessen alle Beitragszahler in der Pflicht zum Ausgleich der Einnahmeausfälle.

Führende Wirtschaftsverbände äußern sich differenziert. So kommentiert René Bohn, Leiter des Referats Arbeitsmarkt und soziale Sicherung bei Die Familienunternehmer e.V. gegenüber der diz AG: „Für Steuerzuschüsse besteht aktuell kaum noch Spielraum. Es wird auch sehr schwer werden, die 40%-Grenze für die Gesamtbelastung aus der sozialen Sicherung einzuhalten. Ich hätte mir daher eher den Verzicht auf die jüngsten Rentenpakete gewünscht und dafür mehr Mittel für die Pflege sowie auch für die kompensationslose Abschaffung der Doppelverbeitragung.“

Der BVMW Bundesverband Mittelständische Wirtschaft wurde von der aktuellen Diskussion überrascht. Dort soll das Thema in der nächsten Sitzung der Bundesfachkommission Arbeit und Soziales diskutiert werden, die jedoch erst Mitte März stattfindet.

Die BDA Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber lehnt es ab, dass generell alle Betriebsrentner in der Auszahlungsphase nur einen halben Beitrag bezahlen sollen. Kernaussage: (Es) „würde zugleich die große Mehrzahl der Betriebsrentner von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen entlastet, deren Betriebsrenten aus beitragsfreiem Einkommen finanziert wurde. Damit käme es in den meisten Fällen der betrieblichen Altersvorsorge dazu, dass hier – anders als bei privater Altersvorsorge und der gesetzlichen Rentenversicherung – weder in der Anspar- noch in der Leistungsphase eine volle Verbeitragung erfolgt.“

Der Wirtschaftsrat der CDU (Wirtschaftsrat Deutschland) sieht in der der hohen Belastung der Betriebsrenten mit Sozialabgabe einen „Renditekiller“. Generell sei „die betriebliche Altersvorsorge attraktiver zu gestalten, indem die Belastung mit Sozialabgaben abgemildert und die Förderung ausgeweitet wird. Es darf nach Verbesserung der Rahmenbedingungen nicht länger strittig sein und muss transparent ausgewiesen werden, dass die Rendite der zweiten Säule der Alterssicherung nach Abzug aller Kosten eindeutig positiv ist.“ Ein Statement zur strittigen Finanzierungsfrage war vom Wirtschaftsrat nicht zu erhalten.

Die MIT Mittelstandsvereinigung der CDU hatte in ihren Beschlüssen ebenfalls keine Aussage hinsichtlich >Einnahmeverzicht oder Gegenfinanzierung< getroffen. Auf Anfrage erfuhr die diz AG: „Da wir die betriebliche Vorsorge insgesamt mit der Maßnahme stärken wollen, sehen wir es eigentlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an, und deshalb muss es aus Steuermitteln bezahlt werden.“

Der DGB Deutscher Gewerkschaftsbund fordert auch, „die doppelte Beitragslast zu lindern“, und verlangt ebenfalls die Gegenfinanzierung aus Steuermitteln.  Fall dies nicht möglich sei, regt der DGB an: „Es könnte jedoch zumindest sichergestellt werden, dass künftig bereits verbeitragte Anteile der Betriebsrente nicht erneut verbeitragt werden. Die Attraktivität der Betriebsrenten und die Konsistenz der Regelungen könnte auch verbessert werden, wenn bei beitragsfreier Entgeltumwandlung künftig die tatsächlich vom Arbeitgeber eingesparten Sozialbeiträge in vollem Umfang in die Betriebsrente eingezahlt werden müssten.“ Diese eventuelle Form der Kompensation, so äußerte ein Insider aus dem Unternehmerlager, sei wohl eine große Furcht der Arbeitgeberverbände und ein ungenannter Grund, weshalb die BDA an der aktuellen Regelung lieber nicht rütteln möchte.

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