„Der Gesetzentwurf zur Betriebsrentenreform verdient auf dem gegenwärtigen Stand noch Verbesserungen. Dazu ist jetzt ein erheblicher Kraftakt der Politik erforderlich, wenn die Reform wie überwiegend gewünscht in der kommenden Woche (1. und 2. Juni) vom Bundestag abgeschlossen werden soll.“ Zu dieser Anstrengung ermutigt Thorsten Kircheis, Vorstand der unabhängigen Beratungsgesellschaft diz Deutsches Instituts für Zeitwertkonten und Pensionslösungen AG, die Koalitionsfraktionen. Zwar wird berichtet, dass sich die Regierungspartner inzwischen auf Tarifmodelle ohne Garantieversprechen geeinigt haben. Wie die diz AG aus zuverlässiger Quelle erfuhr, bereiten Abgeordnete zu wichtigen Details jedoch noch Änderungsanträge vor. Aus Sicht der diz AG sollten diese Änderungen weit gefasste Wahlrechte für bAV-Modelle umfassen. Für die Kapitalanlage ohne Garantieversprechen solle der Gesetzgeber auf das Modell flexibler Pensionsfonds zurückgreifen.

Die Diskussion dreht sich dabei vor allem um die Frage, ob die Rente aus einer betrieblichen Altersversorgung durch Entgeltumwandlung auch tatsächlich langfristig „sicher“ ist. Bisher gelten Garantieversprechen der Versicherer oder die Haftung des Arbeitgebers für das Erreichen einer Zielrente. Der vorliegende Gesetzentwurf bürdet den Arbeitnehmern die Risiken schwankender Kapitalmärkte auf. Zum Ausgleich sollen die Tarifparteien kontrollierenden Einfluss auf die Kapitalanlage ihrer Versicherungspartner erhalten, und den Arbeitgebern soll ein – in Höhe und Verbindlichkeit noch umstrittener – zusätzlicher Sicherungsbeitrag abverlangt werden.

Ziel des Gesetzes ist es, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung in kleinen und mittleren Unternehmen zu fördern. Diese Unternehmen sind jedoch häufig nicht tarifgebunden. Die Auseinandersetzung bewegt sich daher zudem im Spannungsfeld zwischen einer erleichterten Allgemeinverbindlichkeit von bAV-„Sozialpartnermodellen“ oder einer Enthaftung aller Arbeitgeber für bAV-Leistungsversprechen.

„Aufgabe der Politik ist es, einen klugen, fairen Ausgleich zwischen den verständlichen Interessengegensätzen zu finden“, meint Thorsten Kircheis: „Dieser kreative Kompromiss ist aktuell noch nicht gefunden. Die Kunst liegt in den Details der Regelungen.“

Vorsicht vor Verschlimmbesserungen

Der von der Regierungskoalition erarbeitete Gesetzentwurf enthält durchaus eine Reihe echter Verbesserungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die nach übereinstimmender Expertenmeinung rasch Gesetz werden sollten. Dazu gehört besonders, dass für Geringverdiener eine Betriebsrente nicht mehr vollständig auf die soziale Grundsicherung angerechnet wird. Der allseitige Wunsch nach einer Verbesserung des Betriebsrentensystems sollte aber, so Kircheis, nicht zu halbdurchdachten Lösungen führen, die möglicherweise sogar „Verschlimmbesserungen“ mit sich bringen. Sachverständige hatten in der Expertenanhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales im März beispielsweise vor Verwerfungen im Tarifsystem gewarnt. Denn es sei kaum möglich, bestehende Versorgungseinrichtungen der Tarifpartner, die Garantieversprechen beinhalten, in Einklang zu bringen mit den neuen garantielosen Sozialpartnermodellen.

Die diz AG sieht einen Ausweg aus dem Dilemma der einander blockierenden Interessen in einer gesetzlichen Regelung, die den Tarifparteien einerseits neue Möglichkeiten für kollektives Handeln eröffnet. Andererseits sollte es möglichst weit gefasste Wahlrechte geben, sich neuen Modellen anzuschließen, alte Regelungen beizubehalten oder betriebsindividuelle Versorgungsordnungen zu schaffen.

Pensionsfonds als Wegbereiter für reine Beitragszusagen

Hinsichtlich der Einführung von reinen Beitragszusagen (d.h. bAV-Verträge ohne Absicherung der eingezahlten Sparbeträge) lässt ein Vorschlag des Sachverständigen Dr. Marco Arteaga aufhorchen. Er erinnerte während der Bundestagsanhörung an die bereits bestehenden Möglichkeiten von „nicht versicherungsförmigen“ Pensionsfonds. Solche Pensionsfonds sind eine deutsche Besonderheit. Sie kombinieren die Merkmale kollektiver und individueller Altersvorsorge und ermöglichen flexible Strategien zwischen Risiko, Chance und Sicherheit. Sie erlauben es, so Arteaga, dass die Vermögen der „Fonds sowohl der Höhe nach als auch auf der Zeitachse schwanken können. Natürlich mit erhöhten aufsichtsrechtlichen Anforderungen.“ Die diz AG bevorzugt solche Pensionsfonds seit Langem für die Erfüllung von direkten Pensionszusagen. „Die Übertragung von Kernelementen dieses Fonds-Typs auf andere bAV-Durchführungswege könnte der reinen Beitragszusage auch dort den Weg ebnen“, ist Thorsten Kircheis überzeugt.